FIRE Rechner Vergleich
Was sie können und wo du selbst denken musst
Einstieg: Rechnen klingt einfach – ist aber mehr als eine Zahl
FIRE und Zahlen – das gehört einfach zusammen. Und wer zum ersten Mal in das Thema eintaucht, landet fast zwangsläufig bei einem dieser Online-Rechner. Schnell, simpel, verlockend: ein paar Zahlen eintippen, Enter drücken – und zack, da steht’s: dein Rentenalter, dein Zielvermögen, dein Weg zur Freiheit.
Doch genau da fängt das Denken erst an. Denn so hilfreich solche Tools auf den ersten Blick auch sind – sie zeigen meist nur einen Ausschnitt. Und sie setzen vieles voraus, was im echten Leben so gar nicht vorkommt: konstante Ausgaben, stetige Renditen, keine Umwege, keine Überraschungen. Als Familie mit Kindern, wechselnden Lebensphasen und echten Fragen merkt man schnell: Diese Tools sind bestenfalls eine Orientierung – und niemals der Plan selbst.
Was alle FIRE-Rechner gemeinsam haben – und was sie annehmen
Fast alle FIRE-Rechner basieren auf festen Annahmen. Sie gehen davon aus, dass deine heutige Sparrate gleichbleibt, dein Einkommen stabil ist und deine Ausgaben konstant weiterlaufen – Jahr für Jahr. Die berühmte Vier-Prozent-Regel dient dann als Entnahmeregel: Wer 25-mal seine jährlichen Ausgaben angespart hat, ist finanziell unabhängig. Das Problem daran? Diese Grundannahmen ignorieren, wie dynamisch das Leben wirklich ist – gerade als Familie.
Rechner hingegen tun oft so, als wäre dein heutiger Verbrauch gleichzusetzen mit deinem zukünftigen Ausgabenbedarf. Das heißt: Sie nehmen an, dass alles, was du heute nicht sparst, das ist, was du dauerhaft zum Leben brauchst – und genau danach wird dann dein FIRE-Ziel berechnet. Aber was, wenn heutige Kosten in Zukunft wegfallen? Kinder, Kredite, Haustiere – vieles ist nur temporär. Und so wird aus einem kurzfristig hohen Bedarf ein langfristig überhöhtes Ziel.
Die bekanntesten Rechner im Vergleich – von simpel bis detailliert
Networthify
Der vielleicht bekannteste Rechner im englischsprachigen Raum – minimalistisch, schnell, motivierend. Du gibst dein aktuelles Einkommen, deine Ausgaben und deine Sparrate ein – und bekommst in Sekunden ein Ergebnis. Auch wir haben damit angefangen. Es war spannend – aber auch ernüchternd, wie starr die Annahmen waren.
FIRECalc
Ein Tool für Fortgeschrittene. Statt Durchschnittswerte zu verwenden, berechnet FIRECalc historische Szenarien. Das ist realistischer – aber deutsche Steuern, Rente oder Krankenversicherung? Fehlanzeige.
Excel oder Google Sheets
Früher oder später landen viele – wie auch wir – bei einer eigenen Tabelle. Denn kein Tool kennt dein Leben besser als du selbst. Mit Szenarien, Pufferzonen und Zwischenzielen.
Was ein Rechner nicht weiß – aber du wissen solltest
Rechner stellen keine Fragen zu deinem Leben. Ob du Kinder hast oder planst, ob ihr in Teilzeit arbeitet oder ein Haus abbezahlt – all das fließt in kein Tool ein.
Ein Beispiel: Wenn ihr heute gut über die Runden kommt, weil bestimmte Kosten weggefallen sind oder beide Vollzeit arbeiten, erscheint der Lebensstandard „hoch“. Aber was, wenn sich das in wenigen Jahren ändert? Dann ist die ganze Rechnung hinfällig. Rechner kennen deinen Kontext nicht. Sie rechnen – aber sie denken nicht. Das musst du übernehmen.
So holst du das Beste aus einem FIRE-Rechner heraus
Ein FIRE-Rechner ist wie ein Kompass – hilfreich, wenn man weiß, wo man steht.
Bevor du Zahlen eintippst, stell dir lieber diese Fragen:
- Was gebe ich aktuell aus – und warum?
- Was davon bleibt dauerhaft, was fällt irgendwann weg?
- Wie möchte ich später leben – mit oder ohne Arbeit, in welchem Wohnumfeld, mit welchen Wünschen?
Nutze Tools nicht blind – sondern prüf sie auf deine Realität. Vielleicht brauchst du mehr als einen Rechner. Vielleicht brauchst du gar keinen – sondern ein gutes Haushaltsbuch und einen klaren Blick auf deine Ziele.
Unser persönlicher Weg: Warum wir selbst rechnen – und wie
Wir haben – wie viele – mit Networthify gestartet. Schnell, einfach, motivierend. Aber irgendwann kam die Frage: Wieso soll unser aktueller Lebensstil unser späterer sein? Denn genau das unterstellen viele Rechner: Sie nehmen die heutigen Konsumausgaben und rechnen daraus den FIRE-Bedarf. Aber unser heutiger Alltag ist geprägt von Kinderkosten, einem Eigenheim, einem Hund – all das wird sich irgendwann verändern.
Also haben wir angefangen, ein Haushaltsbuch zu führen. Monat für Monat haben wir dokumentiert, was wirklich reinkommt und rausgeht. Unsere Sparrate ist heute ein Resultat – aber nicht die Basis für unser Ziel. Unser FIRE-Ziel basiert auf dem, was wir in Zukunft wirklich brauchen. Weniger Fixkosten, weniger Kinderausgaben, ein anderes Lebensmodell. Wir haben von der Zukunft aus rückwärts gerechnet – nicht vom Jetzt nach vorne. Das macht für uns den Unterschied.
Fazit: Rechnen ja – aber mit Herz und Hirn
FIRE-Rechner sind ein guter Start – aber kein fertiger Plan. Sie motivieren, sie helfen, aber sie ersetzen nicht das eigene Denken. Wenn du weißt, was du willst, was du brauchst und wie sich dein Leben wahrscheinlich entwickelt – dann kannst du mit Tools arbeiten, statt dich von ihnen verwirren zu lassen.
Und wenn du merkst, dass dir ein Rechner nicht weiterhilft? Dann bau dir deinen eigenen. Oder lass ihn ganz weg. Denn FIRE ist kein Rechenspiel – es ist ein Lebensplan. Und der gehört in deine Hände.
Wie geht’s weiter?
Im nächsten Artikel schauen wir uns an, wie Kinder deine FIRE-Planung beeinflussen – finanziell, zeitlich und emotional. Was verändert sich bei der Zielgröße? Wie gehen Familien mit schwankenden Sparraten, Betreuungskosten und neuen Prioritäten um? Und welche Chancen bringt das Familienleben für deine Finanzstrategie mit?