Kapitel 7

7 - Wie wir unser Depot aufgebaut haben

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Warum überhaupt ein Depot – und was wir davon wollten

Als wir 2020 unser erstes Depot eröffnet haben, wussten wir noch nicht, dass daraus einmal ein zentraler Baustein unserer FIRE-Strategie werden würde. Wir wollten einfach anfangen. Irgendwann loslegen, statt ewig zu lesen, zu zweifeln, zu zögern. Dass es ein ETF-Depot wurde, war kein Zufall – sondern die logische Folge unserer Prioritäten: Einfachheit, niedrige Kosten und langfristiges Wachstum.

Immobilien standen für uns nie ernsthaft zur Debatte – auch weil wir selbst bereits einen Immobilienkredit abzahlen. Weitere Immobilieninvestments hätten nicht zu unserer Lebensrealität gepasst: hohe Einstiegshürden, viel Verwaltungsaufwand und wenig Flexibilität. Einzelaktien kamen ebenfalls nicht in Frage – wir wollten keine Stunden mit Geschäftsberichten oder Quartalszahlen verbringen. Und aktive Fonds? Zu teuer – und zu oft schlechter als der Markt. Die Entscheidung für ETFs war eine Entscheidung für Ruhe, Klarheit und Zeitersparnis.

Unsere Grundprinzipien – einfach, breit, günstig

Wenn wir unser Depot mit einem Wort beschreiben müssten, wäre es: pragmatisch. Wir wollten ein System, das funktioniert – auch neben Arbeit, Kind und Alltag. Keine perfekte Theorie, sondern eine robuste Praxis. Uns war von Anfang an klar, dass wir keine Lust auf ständiges Nachjustieren, auf stundenlange Marktanalysen oder auf Finanzjonglage im Alltag hatten. Wir wollten eine Lösung, die dauerhaft funktioniert, ohne kompliziert zu werden.

Deshalb war uns eine breite Streuung besonders wichtig, damit nicht einzelne Unternehmen oder Branchen unser Depot ins Wanken bringen. Ebenso waren geringe laufende Kosten für uns ein entscheidender Faktor – denn was heute wie ein halbes Prozent aussieht, kann über Jahrzehnte schnell einen fünfstelligen Unterschied machen. Und schließlich sollte alles so automatisiert wie möglich laufen. Wenn der Alltag voll ist, ist ein Depot, das sich selbst „weiterdreht“, einfach Gold wert.

Unsere Bausteine – konkret und transparent

Angefangen haben wir mit einem klaren Ziel: ein 70/30-Portfolio – 70 % iShares MSCI World, 30 % iShares MSCI EM IMI. Beide als thesaurierende Varianten, beide bei Trade Republic, wo damals kostenfreie Sparpläne möglich waren. Diese Struktur schien uns ideal: einfach, bewährt und weltweit gestreut.

Damals arbeiteten wir beide noch Vollzeit, und mit wachsendem Einkommen und wachsendem Vertrauen in unsere Strategie haben wir begonnen, mehr zu investieren, als wir uns ursprünglich zugetraut hatten. Dabei stellten wir fest, dass manche Anbieter auf bestimmte ETFs eine 1.000-Euro-Grenze für kostenfreie Sparpläne setzen. Diese technischen Hürden haben uns dazu gebracht, über unser Setup neu nachzudenken. Wir verteilten unser Depot auf mehrere Anbieter und nahmen zusätzliche ETFs auf, um flexibel investieren zu können. So kam der Vanguard FTSE All-World ETF ins Spiel, der ähnlich aufgebaut ist, vergleichbare Schwankungen aufweist und ebenfalls breit gestreut ist – für uns also eine logische Ergänzung.

Heute macht dieser ETF über ein Drittel unseres Portfolios aus und ergänzt die ursprüngliche 70/30-Struktur sinnvoll. Neben diesen Hauptbausteinen gibt es bei uns auch kleinere Positionen: Der iShares S&P 500 ETF dient uns als separates „Zusatztopf-Depot“, in das wir nur Einmalzahlungen und Extraeinnahmen investieren – einfach um es sauber vom Rest zu trennen. Und der Vanguard High Dividend ETF war ein Experiment, das uns reizte, weil wir Dividenden spannend finden – auch wenn wir wissen, dass thesaurierende ETFs langfristig effizienter sind. Diese beiden Positionen machen zusammen weniger als ein Prozent unseres Portfolios aus – sie sind bewusst klein gehalten.

Wie wir gestartet sind – erste Schritte & Learnings

Rückblickend war unser Start vor allem: zögerlich. Wir haben uns nicht getraut, sofort die komplette Sparrate zu investieren. Stattdessen haben wir langsam begonnen, ausprobiert, gelesen – und irgendwann begriffen: Das Risiko liegt oft nicht im Investieren, sondern im Warten. Wären wir heute nochmal an diesem Punkt, würden wir sofort konsequenter einsteigen. Aber so, wie es war, war es auch richtig: Wir haben auf unser Tempo gehört, auf unsere Zweifel reagiert – und trotzdem nicht aufgegeben. Genau das war entscheidend.

Depotführung im Alltag – Tools, Sparpläne & Anbieter

Heute führen wir unser Depot mit einem klaren System, das für uns funktioniert – nicht theoretisch, sondern im Alltag. Unsere Sparpläne laufen automatisiert, und zwar aufgeteilt über mehrere Termine im Monat. Das hat sich für uns einfach gut angefühlt – nicht alles auf einmal investieren, sondern den Einstieg strecken und dadurch ein Stück psychologische Stabilität gewinnen.

Unsere beiden Hauptbroker sind bis heute Trade Republic und ING. Bei Trade Republic war der Start besonders niedrigschwellig – einfach die App laden, Depot eröffnen und loslegen. Die kostenfreien Sparpläne waren für uns ein echtes Argument. Später haben wir bei der ING ein zusätzliches Depot eröffnet, um flexibler investieren zu können und bestimmte Strategien getrennt voneinander zu verfolgen. Der Desktop-Zugang und die Möglichkeit größerer Einmalinvestitionen haben sich für uns bewährt.

Für die Haushaltsplanung nutzen wir den Co-Pilot von Finanzfluss, der uns hilft, Ausgaben zu analysieren und Muster zu erkennen. Parallel führen wir eine eigene, ziemlich detaillierte Excel-Tabelle, in der wir unser Haushaltsbuch pflegen und regelmäßige Auswertungen machen. Und wenn wir mal etwas nachsehen wollen – etwa ob sich die Konditionen bei einem Broker ändern – werfen wir regelmäßig einen Blick auf die Vergleichstabellen bei Finanzfluss. Nicht um ständig zu wechseln, sondern um informiert zu bleiben.

Veränderungen über die Zeit – was wir angepasst haben

Verändert haben wir nur wenig – aber bewusst. Der S&P 500 ETF ist unser „Sonderposten-Topf“, den wir nutzen, um Zusatzeinnahmen investiv zu nutzen, ohne sie mit der normalen Sparrate zu vermischen. Der High Dividend ETF ist eher ein Neugierdeprodukt – spannend, aber nicht strategisch bedeutend. Auch beim ursprünglichen 70/30-Portfolio (MSCI World zu MSCI EM) hat sich etwas verschoben: Der aktuelle Stand liegt bei etwa 74/26.

Stört uns das? Nein. Wir wissen, dass sich solche Verschiebungen ergeben – und dass es keinen Sinn macht, wegen ein paar Prozentpunkten jetzt Verkäufe auszulösen und Steuern zu zahlen. Unser Ansatz beim Rebalancing ist simpel: Falls nötig, passen wir zum Jahresende die Sparraten an – aber nur, wenn es auch wirklich nötig ist.

Was wir bewusst nicht gemacht haben – und wozu wir raten würden

Wir haben keine Einzelaktien gekauft. Kein Timing versucht. Kein Depot mit 12 Positionen gebaut. Nicht, weil uns das alles nicht interessieren würde – sondern weil wir wissen, dass wir dafür keine Zeit haben. „Keep it simple“ war für uns kein Kompromiss, sondern eine Stärke. Gerade als Familie mit begrenzten Ressourcen (Zeit, Nerven, Aufmerksamkeit) ist ein einfaches, wartungsarmes Depot der beste Weg, konsequent dranzubleiben.

Rückblick & Status quo – ein Depot, das zu unserem Leben passt

Unser Depot ist gewachsen – und wir mit ihm. Wir fühlen uns wohl mit der Struktur, mit der Streuung, mit dem Aufwand. Wir beobachten nicht täglich den Markt. Wir justieren selten nach. Und genau das gibt uns Sicherheit. Rebalancing? Aktuell kein Thema. Entnahmestrategie? Wird kommen – aber noch nicht heute. Für den Moment passt unser Depot zu unserem Alltag. Und das ist das wichtigste Kriterium.

Ausblick: Beispielportfolios im Vergleich – was es noch so gibt

Im nächsten Kapitel schauen wir uns andere FIRE-freundliche Portfolioideen an: Welt-ETF vs. Welt+EM vs. 70/30 oder sogar 100 % All-World. Welche Überlegungen stehen hinter diesen Varianten? Was bedeutet mehr Streuung – und was bedeutet Einfachheit? Und was davon passt zu dir? Wir vergleichen, erklären, und zeigen, was andere FIRE-Familien daraus gemacht haben.

Hier gehts zu Beispielportfolios im Vergleich